Karl Meuser – Ein photographischer Rundgang durch die Landschaft und Geschichte des Tales
Fast ein halbes Jahrhundert lang prägte Karl Meuser mit seinen Photographien massgeblich das Bild von Engelberg. Postkarten von seinen Landschaftsaufnahmen wurden von Urlaubern zu Zehntausenden in alle Länder verschickt und dienten als Vorlagen für die Plakate, Prospekte und Bildtafeln, mit denen international für den Kurort geworben wurde. Zu Meusers Auftraggebern gehörten neben dem Tourismusverein die alte Luzern-Stans-Engelberg- ebenso wie die Brunni- und die Titlisbahn.
Karl Meuser, geboren 1899 und ursprünglich aus dem bayrischen Bad Wörrishofen stammend, war 1929 von St. Moritz, wo er zunächst im Atelier seines Onkels gearbeitet hatte, nach Engelberg gezogen, um hier an der Dorfstrasse 11 ein eigenes Photostudio zur eröffnen. Das Dorf und die umliegende Berglandschaft wurden zu Meusers bevorzugten Sujets. Im Lauf von vierzig Jahren entstanden weit über Tausend grossformatige Aufnahmen, zunächst auf 13 mal 18 cm grossen Glasplatten und ab den 50er Jahren immer häufiger auf Planfilmen. Zusammen bilden diese Photos ein einmaliges Kulturdokument. In ihrer Abfolge illustrieren sie den Wandel, den Engelberg im 20. Jahrhundert auf dem Weg von einem Bergdorf zur modernen Tourismusdestination durchlaufen hat. Nach und nach verschwinden die imposanten Hotelbauten des 19. Jahrhundert aus den Bildern und machen neuen Häusern Platz. Landwirtschaftliche Flächen wachsen im historischen Quervergleich langsam zu und die Anzahl Bahnen und Lifte steigt fortwährend mit dem Zustrom der Gäste. Was diese Entwicklung an Spannungen aufwirft zwischen der Natur und der modernen Zivilisation, hält Meuser mit einer eleganten Beiläufigkeit fest. Denn immer geht sein photographischer Blick zuerst auf die zeitlose Schönheit der Bergwelt, die das sich ständig verändernde Dorf umschliesst. Immer wieder finden sich daher in seinem Werk Ansichten, oft von etwas entlegeneren Landstrichen, an denen die Zeit scheinbar spurlos vorübergegangen ist.
Neben den grandiosen Panoramen, die ihn Mitte des vergangenen Jahrhunderts zu einem der bedeutendsten Schweizer Landschaftsphotographen machten, deckte Karl Meuser die ganze Palette photographischer Auftragsarbeiten ab, die in einem traditionellen Photostudio anfielen. In einer Zeit, da Photoapparate noch nicht selbstverständlich zum Besitz privater Haushalte gehörten, photographierte Meuser weltliche und kirchliche Feste, Hochzeiten, Vereinstreffen, Geschäfte, den neuen Lastwagen des örtlichen Fuhrunternehmens, und immer wieder Kinder und Haustiere, die beide zum festen Repertoire eines Atelierphotographen zählten. Im Studio an der Dorfstrasse 11 liessen sich Engelbergerinnen und Engelberger mit ihren Familien und Freunden, in Uniform und Berufskleidung photographieren, wann immer sie ein Bild für einen Ausweis brauchten oder ein besonderer Anlass festzuhalten war. Bis in die 50er Jahre wurde Karl Meuser auch für das „letzte Photo“ beigezogen, einen heute weitgehend vergessen Brauch, bei dem die Hinterbliebenen ihre verstorbenen Familienmitglieder in einer aufwändigen Inszenierung auf dem Totenbett noch einmal photographieren liessen.
In Zusammenarbeit mit dem Kloster Engelberg präsentiert das Tal Museum erstmals eine umfangreiche Auswahl von Bildern aus dem Nachlass Karl Meusers in neuen Abzügen. Neben den Landschaftsaufnahmen sind in der Ausstellung auch die bis heute weniger bekannten Porträts von Dorfbewohnern vertreten, die photographisch gleichwertig neben den Panoramen stehen. Zu sehen sind ausserdem frühe Beispiele der Zusammenarbeit Karl Meusers mit dem später weltbekannten Engelberger Graphiker und Photographen Herbert Matter. Die Schau wurde von dem aus Engelberg stammenden Photohistoriker Matthias Christen kuratiert und bietet Gelegenheit, mit Karl Meuser einen der führenden Studiophotographen seiner Zeit (wieder-)zu entdecken. Im Rahmen des Programms „Kultur à la carte“ wird der Kurator am Montag, den 11. August, um 20 Uhr durch die Ausstellung führen und einen Vortrag zu Karl Meusers Werk halten.