Wunderschlitten im Eiskanal: Die Engelberger Bobgeschichte (1913-2013)

Als Engelberg den Bobsport beherrschte

Engelberg hat es schon seit jeher verstanden, Fest oder spezielle Jubiläen im wahrsten Sinne des Wortes zu zelebrieren. Dies wird auch im kommenden Winter nicht anders sein, wenn die Engelberger Bobbahn ihr 100jähriges Bestehen feiern kann. Die Geschichte ist zwar längst Vergangenheit. Einzig der Name „Bobbahn“ für die Strasse hinauf nach Gerschnialp lässt erahnen, dass auf diesem Streckenabschnitt einst Schweizer Sportgeschichte geschrieben worden ist. Die Erinnerung an diese Zeiten will man in Engelberg für einen kurzen Moment wieder aufleben lassen. Im Talmuseum wird eine Ausstellung während der ganzen Wintersaison an die goldenen Engelberger Bobzeiten erinnern und die Kulturkommission wird zu Beginn des Winters der Bobbahn sowie dem genialen Bobkonstrukteur Karl Feierabend und dessen Sohn Fritz Feierabend die neue Publikation in der Reihe der Engelberger Dokumente widmen. Und zu guter Letzt soll es Mitte Februar 2013 zu einem Wiedersehen der legendären Feierabend-Bobs auf jener Bobbahn kommen, auf der sie getestet worden sind.

Engelberg und der Bobsport – das ist eine Geschichte, mit ganz vielen Höhepunkten. Der im Zusammenhang mit der Realisierung der Standseilbahn Engelberg-Gerschnialp erfolgte Bau der Bobbahn vor 100 Jahren bedeutete einen weiteren Quantensprung im Sportangebot der damals aufstrebenden Wintersportstation Engelberg. Während den Wintersaisons verging keine Woche, ohne dass auf der Bobbahn nicht irgend ein Rennen ausgetragen worden ist. Dass Engelberg 1934 Austragungsort der Zweierbob-Weltmeisterschaften war, ist schon längst in Vergessenheit geraten. Die WM war das letzte grosse Rennen auf der Engelberger Bobbahn und gleichzeitig Schauplatz der Wachtablösung an der Spitze des Schweizer Bobsports. Karl Feierabend und sein Bremser Adalbert Odermatt mussten bei diesem Rennen einsehen, dass sie mit ihren nunmehr 66 Jahren den Zenit als Bobfahrer überschritten haben. Mit Fritz Feierabend stand der Sohn des genialen Bobkonstrukteurs Karl Feierabend als Nachfolger allerdings schon bereit.

Bobsleigh aus der Werkstatt von Karl Feierabend wurden während beinahe drei Jahrzehnten zum Mass aller Dinge. Wer an Weltmeisterschaften oder Olympischen Winterspielen eine Medaille gewinnen wollte, musste zwingend einen Schlitten Made in Engelberg unter seinem Hintern haben. Fritz Feierabend wurde mit seinen sportlichen Erfolgen in den verschiedenen Eiskanälen der Welt zum besten Promotor der familieneigenen Produkte. Mit sechs Gold-, fünf Silber- und vier Bronzemedaillen wurde er zum erfolgreichsten Bobfahrer der Jahre 1933 bis 1955. Nur Erich Schärer und Gustav Weder waren bis heute erfolgreicher als der Engelberger. Ein einziger Makel blieb: Obwohl an drei Olympischen Winterspielen am Start, gewann Fritz Feierabend nie olympisches Gold. Nicht wenige schrieben die Erfolge von Fritz Feierabend seinen „Wunderschlitten“ zu. In Tat und Wahrheit war Fritz Feierabend schlicht ein genialer Steuerkünstler, der wie kein Zweiter die Bahn lesen und den Schlitten entsprechend durch die Kurven steuern konnte. Das Ende der legendären Feierabend-Bobs kam Mitte der 1950er-Jahre. Die Podar-Bobs aus Italien liefen den Engelberger Modellen den Rang ab. Dies war gleichzeitig auch das Ende der Bobkarriere von Fritz Feierabend. Die Zeit ist reif, sich an die Erfolge des erfolgreichsten Engelberger Sportlers aller Zeiten zu erinnern.

Beat Christen